Bäume als Symbol für Leben und Wachstum tauchen in der Kunsttherapie immer wieder auf. So viele verschiedene Baumarten es auf unserem Planeten gibt, mindestens so viele verschiedene Menschen gibt es mit ihren ganz persönlichen Ausdrucksformen – die Vielfalt macht's!
Diese Perspektive verfolgen wir auch in unseren Gruppenarbeiten zum Thema Baum. Genauer gesagt, geht es darum, wie jede Malerin und jeder Maler sich mit seiner Baumdarstellung und den anderen, völlig verschiedenen Bäumen aus der Gruppe verbinden kann.
Tanne, traditionell aufrecht, ganz deutsch aus dem Allgäuer Wald. Kirschbaum, rosa, blütenschön, wie aus einem japanischen Märchen. Grauer Baumstamm mit dicker Kerbe, fahl und alt. Olivenbäumchen, zart und ganz am Anfang seines Lebens. Bunter, wilder Phantasiebaum, wie aus Hippiezeiten und ein romantisch wirkender Baum auf einer einsamen Lichtung und viele weitere.
Wie kann daraus etwas kraftvoll Neues, ein gemeinsames Kraftfeld auf dem großen Malpapier entstehen? Anfängliche Überlegungen wie, "Wir brauchen ein Bildzentrum" oder "...der eine Baum bleibt erhalten, die anderen werden zerschnitten", dienen als Orientierung, um eine gemeinsam Idee zu verfolgen und überhaupt in das gemeinsame Gestalten zu kommen, die besten Dinge ereignen sich jedoch an diesem Vormittag im Kunstraum ganz spontan.
Auffallend ist dabei das Bedürfnis, sich nahe zu kommen, sich zu verbinden und sich in Baumgestalt gegenseitig zu berühren. Verschiedene Wurzelwerke gehen ineinander über, ein Mädchen hält plötzlich eine farbige Fläche aus einem anderen Baum in der Hand, die zum Luftballon wird, aus einer Baumkrone wirbelt es Herzen, die auf zwei andere Bäume übergehen. Darin steckt Phantasie, die Lust zu spielen und zu entdecken.
Das Urbedürfnis nach Kontakt und Gemeinschaft eines jeden Menschen spiegelt sich hier ganz anschaulich wieder und es ist nicht bloß "Malerei", es ist viel mehr, ein Abbild von unserem wesentlichen Inneren, das im Außen sichtbar wird. Wir alle sind vielmehr miteinander verbunden, als wir meinen. Wir inspirieren einander und erreichen gemeinsam Veränderungen zum Guten. Das Stichwort "Corona" drängt sich hier natürlich sofort auf, wir sind auch im unangenehmen Sinne der Ansteckung und Umweltverschmutzung viel mehr miteinander verbunden, als wir meinen, das erleben wir zur Zeit Tag für Tag.
Aber es gibt eben zusätzlich die andere, viel effektivere Seite der Medaille, die zu dem damaligen Song der Beatles sehr gut passt: "All you need ist love". Die Herzen auf dem Bild, die wie verrückt aus dem Baum zu fliegen scheinen, gehen wie ein Segen auf die Naheliegenden über. Das sind bildhafte Gesten, die so gut tun, die anstecken im Positiven und verbinden. Die Malerinnen haben dabei eine Menge Spaß gehabt, das ist auf dem Bild zu sehen und man spürt sofort die Freude und Liebe, die darin steckt. Energieaustausch oder wie eine fernöstliche Weisheit sagt, "Jeder nimmt die Farbe seiner Umwelt an". Und last but not least "Made in TCE" - es war ein schöner Vormittag, dessen Erfahrung sicherlich weiter wirkt.
Bildnachweis: TCE
Dorothee Walter arbeitet seit 2005 als Kunsttherapeutin im TCE. Sie ist Diplom-Musikbibliothekarin und Kunsttherapeutin mit langjährigen Erfahrungen im Museumswesen (Lenbachhaus München), eigenen Ausstellungsprojekten und Kreativworkshops. Ihr besonderes Interesse gilt der modernen Kunst, sie besucht gerne Ausstellungen, liebt Yoga und Tanzen, schreibt und zeichnet gerne in ihr Tagebuch und findet ihren Ausgleich in der Stille der Natur. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter im Isartal.