Im TCE ist es uns schon von jeher wichtig, den reichen Erfahrungsschatz der Betroffenen für den Genesungsprozess zu nutzen. Es ist uns wichtig, unsere Patient:innen an der Gestaltung des Therapieprozesses zu beteiligen, sie bei allen wichtigen Entscheidungen miteinzubeziehen und unser Vorgehen individuell an die Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen. Deshalb haben wir uns gefreut, als Annette Krumpholz auf uns zukam, die als ehemalige Betroffene die Patient:innen in der S3-Leitlinienkommission Essstörungen vertritt, und möchten ihr hier im Blog Raum geben, ihr Anliegen persönlich vorzustellen.
Ich bin Annette Krumpholz (betroffenenvertretung_essstoerungen@posteo.de), 27, eine ehemals von Anorexie Betroffene, und Patient:innen- bzw. Betroffenenvertreterin in der medizinisch-wissenschaftlichen S3-Leitlinienkommission Essstörungen. Diese Kommission trifft sich ca. alle fünf Jahre aufs Neue und bringt die Behandlungsempfehlungen – sogenannte Leitlinien – für die Therapie von Essstörungen in Deutschland auf den neuesten wissenschaftlichen Stand. Die Mitglieder sind überwiegend Ärztinnen, Ärzte und Psycholog:innen, die auf Essstörungen spezialisiert sind. Drei ehemals Betroffene und zwei Mütter betroffener Kinder sind beratend mit dabei.
Die Leitlinie ist evidenzbasiert, d.h. es kann dort nur empfohlen werden, was durch wissenschaftliche Nachweise aus Studien gestützt ist. Für die unmittelbare Sicht der Betroffenen, ihre Bedürfnisse und Wünsche fehlen jedoch solche wissenschaftlichen Untersuchungen, und bisher war es nicht möglich, jemanden zu finden, der dies wissenschaftlich beschreibt.
In meiner Rolle als Betroffenenvertreterin in der Leitlinienkommission spreche ich nicht für mich, sondern für alle von Essstörungen Betroffenen. Damit ich das glaubhaft tun kann, muss ich wissen, was bei anderen Betroffenen (z.B. bei dir!) als Schwierigkeiten und Probleme wahrgenommen wird, was zu wenig gesehen wird (aus verschiedensten Gründen), aber auch, was positiv ist. Deshalb habe ich einen Fragebogen entwickelt, um herauszufinden, wie andere Betroffene ihre Therapie erleben, was ihnen gut hilft, und was sie verbessern würden.
Diese Rückmeldungen können nicht 1:1 in die Leitlinie übernommen werden. Es fehlen die oben erwähnten wissenschaftlichen Nachweise. Aber sie geben (in der Masse) Auskunft darüber, welche Schwierigkeiten bestehen, was gut hilft, und worauf demnach ein Fokus bei der Ausarbeitung der Leitlinie gelegt werden könnte.
Langfristig würde ich mir wünschen, dass Rückmeldungen wie diese mehr Einfluss auf die Ausrichtung der Forschung haben und Betroffene aktiver in die Gestaltung der Therapie mit einbezogen werden. Sie sind diejenigen, die die Therapie umsetzen und am besten wissen, wie es sich anfühlt. Das ist eine wertvolle Ressource. Bestehende verhaltenstherapeutische Ansätze sind wichtig und richtig (Normalisierung des Essverhaltens, Funktionalität der Symptomatik, usw.) und ihre Vermittlung und Umsetzung könnte anhand der Rückmeldungen besser an das Erleben, die Bedürfnisse und Schwierigkeiten aus Sicht der Betroffenen angepasst werden. Die Gründung einer Betroffenenvertretung, die Schwierigkeiten und Erfahrungen gesammelt vertritt, ist dabei ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Dialog auf Augenhöhe.
Wenn du meine Arbeit unterstützen möchtest, würde ich dich bitten, den unter folgendem Link hinterlegten Online-Fragebogen auszufüllen.
https://www.soscisurvey.de/test418050/
Alle Angaben erfolgen anonym, freiwillig und können nicht auf Einzelpersonen zurückgeführt werden.
Die Umfrage ist an keine wissenschaftliche Institution angeschlossen und erfolgt aus Eigeninitiative.
Trägerin der Umfrage: Annette Krumpholz, Berlin.
Interessenkonflikte: Es liegen keine Interessenkonflikte vor.
Datenschutz: Die Daten werden ausschließlich auf dem Server von SoSciSurvey gespeichert. Es ist nicht erkennbar, über welche Webseite Zugang zur Umfrage erfolgte. Eine Teilnahme an der Umfrage lässt keine Rückschlüsse auf den Teilnehmer zu. Der Zugriff ist begrenzt auf die Trägerin der Umfrage. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Gemäß der DGSVO werden die Daten 90 Tage nach Ende der Umfrage vollumfänglich gelöscht. Durch deine Teilnahme stimmst du der Speicherung deiner Daten in dieser Zeit zu.
Annette Krumpholz hat ihre eigenen Erfahrungen mit Anorexie gemacht und setzt sich jetzt als Vertreterin von Betroffenen in der S3-Leitlinienkommission für Essstörungen ein. Hier teilt die 27-Jährige ihre Erlebnisse und ihr Engagement in der medizinischen und wissenschaftlichen Arbeit.
Kontakt: Annette Krumpholz, Berlin, betroffenenvertretung_essstoerungen@posteo.de